ERKENNTNISWINTERGARTEN
sonne licht
auf blättern des septembers
grün-güldener glast
im jahreszeitenaugenblick
unter blauen brauen-
gewölbe
licht weiß
umblättert den
grün-güldenen glast
dessen braungebrannter gast
ich hier bin
lachen und leere
im würzigen duft
des goldenen laubes
der grellen gräser
im aufgebäumten raum
des blühenden verfalls
lachen und leere
im blinkenden auge
das offen sinn macht
und geschlossen noch
ungesehenes ungeschehenes
bewacht
ich strecke mein baumbein
und schüttle und schüttle
und lache und lache
mich
aus
bewegung ist spiegelung
von starrsinn
ich sehe auf
über dem ahnenanger
lichtet sich die sonne
frühmorgens rot-violett
eine neue welt entsteht
für eine freie weile
der vergänglichkeit
laub herbstzeitlos
tanzt aufgrund
einer prise lauer brise
wolken reisen vorüber
geben eine richtung vor
spielen himmelweg-
weiser als wäre ihr weg zu wählen
und sind nur windbestimmt
laub tanzt immer noch
nun deutlich geschwinder
bewegung ist spiegelung
von starrsinn
ich sehe ein
dass gerade frühling ist
oder herbst
und sehe aus
als wäre eben sommer
und ich ginge
über einen sonnenblumenbühel
und mich nichts mehr an und
unter sonnenhaft
nacht für nacht
winterlang
herbstherbe
fortschreitender verfall
in jeder fruchtspendenden scholle
auf jedem erlaubten zweig
ein nachtpfauenauge
erblindet im rotverschobenen
abendlicht
auf einer netzhautsalbenden ringelblume
der nördliche erdteil
wendet sich ab vom licht
erwartet die verdunkelung
seiner tage
allerdings glitzert anderntags
neuschnee im
blauverschobenen morgenlicht
wie eine winzige
sommersonne in spe
vom auge der nacht
wahrgenommen
schnee fällt
befällt die matte erdoberfläche
(deren klarsichtverhüllte notlügenscheibe)
temperatur stürzt
bestürzt die tage des lichts
besteige
den hausberg des selbst
steige und steige
wie warme luft subzero-
temperiert
im weiten unauffälligen atemraum
auf zum sonnengipfel
des verstehens
ich steige ohne dass es auffiele
tief hinab
in die frühe dunkelheit
immer kürzer werdender tage
und das an einem montage-
montag im november
schnee schnee ver-
frorener regen
in erstarrung
fallender fluss
dringt flocke auf floskel
zur kristallin tränenden
hirnanhangdrüse vor
o lebens-
fall aus siebzigpro-
zentigem wasser
oben ist unten
draußen ist drinnen
quellenquick
träuft hirnschmalz
zu boden
sonnenlicht
flutet über
ein unbegangenes
schneekristallfeld
glanz
entsteht
durch
brechung
ich stapfe be-
sonnen
hin-durch
lärche im winter
einige wenige rest-
nadeln
stechen braunge-
dörrt von der kälte
ins luftfleisch
des winterskelettes
die anderen sind schon
gefallen liegen
bestochen im eisigen
staub-
zucker-
schnee
schneekristalle haben
sich als surrogat-
oder phantomnadeln
formvollendet
an den zweigen
der kahlen äste
fest-
gefroren
schnee schatten
einer zukunft
die kein morgen
kennt
sonne lichtkugel
eines gestern
die ins heute
kegelt
so dass schnee
fällt
fällt
im winterwilden garten
notrotbelichtet
versatzen
erkenntnisstücke wurzel-
bar und rottwelsch-
gewächsumwunden
dem verschollenen erdgrund
durch handanlegung
abgerungen in
faul im schoß liegenden
eishänden und rostgeflochtenen
eisenkörben
erkenntnis weiß
immer noch
weiß nicht
immer noch nicht
weiß nichts
vom wilden werden
das ihr blüht
© 2010 Dietmar Tauchner